Am Sonntag, den 29. Januar 2023 fand in der Thomaskirche in Frücht ein jüdisch-christlicher Gottesdienst zum Holocaust-Gedenktag statt. In der voll besetzten Kirche begrüßte Pfarrerin Antje Müller die Anwesenden und ging zu Beginn kurz auf die geschichtlichen Hintergründe dieses Tages ein, der an die Opfer des Holocaust und an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz- Birkenau am 27.01.1945 durch die Rote Armee erinnert.
Im Gottesdienst stand diesmal keine bestimmte Opfergruppe im Vordergrund, vielmehr sollten die Lesung aus Jesaja 58 und verschiedene „Brotgeschichten“, wie z.B. „Anders“, „der Rabbi in Himmel und Hölle“, „der Medizinprofessor und das Brot“ und diejenige von Primo Levi deutlich machen wie wichtig es ist Brot in schlimmer Zeit miteinander zu teilen, mitmenschlich und zugewandt zu handeln sowie solidarisch mit Notleidenden zu sein. „Wir würden gern mutiger sein als jene, die die Synagogen damals brennen sahen und nicht protestierten. Wir möchten verhindern, dass Hassparolen um sich greifen. Wir möchten für Deine Güte einstehen“, hieß es dazu passend in einem Gebet.
Die musikalischen Beiträge der Organistin Hannelore Syre und des Ensemble Septime unter Leitung von Wassily Kotykov unterstrichen in hervorragender Weise die Texte und Gebete, die von dem jüdischen Vertreter Wolfgang Elias Dorr, Gemeindereferentin Tanja Kaminski, Pfarrerin Antje Müller, dem Lehrer David Schmidl sowie den Jugendlichen Sophia Hamm (Konfirmandin), Nora Haupt und Talida Dämgen (Goethe Gymnasium/Bad Ems) ausgesucht und vorgetragen wurden. Das bekannte „Hevenu Shalom“, das berührende ukrainisches Friedenslied „Tebe Poem“ und die Hymne an „Jerusalem“, vom Ensemble Septime in exzellenter Weise vorgetragen, fanden unter den Zuhörern und Zuhörerinnen besonders großen Anklang.
In der Predigt, die auch gleichzeitig zu dem Lied „Jerusalem“ überleiten sollte, nahm Pfarrerin Müller auf die religionsgeschichtliche Bedeutung der Stadt Jerusalem Bezug, die für die drei monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam „heilig“ ist. In ihrem hebräischen Namen „Jeruschalaijm“ steckt das Wort „Schalom=Friede“, aber die Stadt, die Symbol für den Frieden und das Paradies sein soll („himmlisches Jerusalem“) ist auf dieser Welt immer wieder Schauplatz von Konflikten wie der Anschlag auf die Synagoge in Ost-Jerusalem ausgerechnet am Holocaustgedenktag zeigte.