In der Reihe „Christliche Vielfalt im Nassauer Land“ lud die Ökumenebeauftragte des Ev. Dekanats Nassauer-Land, Pfarrerin Antje Müller, diesmal zu einem Abend in die Mennonitenbrüdergemeinde Bad Ems ein, in deren Gemeindehaus („Betsaal“) eine interessante Dauerausstellung mit verschiedenen Schautafeln zur Geschichte der Täuferbewegung zu sehen ist.
Etwa 30 Personen verschiedenster Konfessionen (evangelisch, katholisch, freikirchlich, jüdisch) waren der Einladung gefolgt. Nach einer kurzen Andacht führten der Neuwieder Historiker und Lehrer Johann Siebert und Mennonitenpastor Harry Bergen durch die Ausstellung, danach konnten die Gäste einen – von den Mennonitenschwestern vorbereiteten – Imbiss und Getränke zu sich nehmen, abschließend gab es noch eine Powerpointpräsentation von Johann Siebert speziell zur mennonitischen Friedensethik.
Alles in allem war es ein gelungener und informativer Abend.
Die Mennonitenbrüdergemeinde Bad Ems ist zwar eine kleine Gemeinde, aber – wie uns berichtet wurde- sind die Gottesdienste immer sehr gut besucht. Jeder und jede übernimmt eine Aufgabe in der Gemeinde. Es gibt keine hauptamtlich bezahlten Pfarrer/Pastoren, sondern Männer, die dafür geeignet gehalten werden, dürfen predigen, (Frauen leider nicht). Beeindruckend ist auch das engagierte christliche Leben vieler Brüder und Schwestern und ihre radikale Friedensethik, die Ablehnung von Krieg sowie Wehrdienstverweigerung impliziert und sich auf Jesus Christus und dessen Vorbild begründet. Ganz wichtig sind hier die Seligpreisungen der Bergpredigt (Mt 5,9) und andere biblische Aussagen, die mahnen, uns nicht selbst zu rächen und das Böse mit Gutem zu überwinden (Röm 12, 21).
Ein besonders heroisches Beispiel von Friedfertigkeit und Selbstlosigkeit war und ist das des mennonitischen Märtyrers Dirk Willems. Er war aufgrund des „Wiedertäufermandats“, das 1529 auf dem Reichstag zu Speyer verabschiedet wurde, zum Tode verurteilt worden. Auf der Flucht vor seinen Verfolgern rettete er einem von ihnen, der durch das Eis eines Weihers gebrochen war, das Leben. Dieser dankte ihm die Lebensrettung schlecht. Er wurde festgenommen und am 16.5.1569 in Asperen in den Niederlanden auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Allgemeine Infos zu mennonitischen Glaubensgemeinschaften
Die Mennoniten sind Teil der Täuferbewegung, deren Keimzelle ein Kreis um den Schweizer Reformator Ulrich Zwingli (1484-1531) in Zürich war.
Zwinglis ursprüngliche Weggefährten Konrad Grebel, Felix Manz, Jörg Blaurock suchten – im Gegensatz zu Zwingli – die Trennung von Staat und Kirche nach urchristlichem Vorbild zu verwirklichen, sie waren pazifistisch eingestellt, lehnten Wehrdienst und Eid ab, betonten das Priestertum aller Gläubigen und die Gläubigentaufe statt der Säuglingstaufe. Der Kreis um Konrad Grebel kritisierte, dass Zwingli dem „Rat der Zweihundert“ (Stadtrat) gestattete die Züricher Reformation zu regieren und dass die von Zwingli begründete Kirche letztendlich wieder Staatskirche statt Glaubenskirche wurde, die auch Andersdenkende verfolgte. Zwingli bzw. der Rat der Stadt sorgten beispielsweise dafür, dass Felix Manz am 5. Januar 1527 zum Tod durch Ertränken in der Limmat verurteilt wurde. Sein Körper wurde so gefesselt, dass seine Ellbogen unter seinen Knien waren und ein Stock sorgte dafür, dass er in dieser Stellung blieb. Ihm wurde ein Strick umgelegt, dann wurde er ins kalte Wasser des Flusses geworfen. Kurz vor seiner Hinrichtung rief er auf lateinisch: „O Herr, in deine Hände befehle ich meinen Geist“. Felix Mantz wurde so zum ersten Märtyer der Täuferbewegung.
Später kristallisierten sich zwei Führungspersönlichkeiten im Täufertum heraus, die bis heute noch namensgebend geblieben sind, der ursprünglich für den norddeutschen und niederländischen Raum wichtige Menno Simons (1496-1561), der – genau wie Martin Luther- zuerst kath. Priester war, dann aber die Mißstände in der Kirche reformieren wollte und auch die Notwendigkeit der Gläubigentaufe statt der Säuglingstaufe aufgrund des Bibelstudiums zu erkennen glaubte und der für den süddeutschen-österreichischen Raum wichtige Südtiroler Täuferführer Jakob Hutter (1500-1536), der in Innsbruck auf dem Schweiterhaufen verbrannt wurde und nach dem sich die Hutterer benennen, die in Gütergemeinschaft leben und so der Lebensform der Jerusalemer Urgemeinde nacheifern wollten. Auch die Amish People oder Amischen (nach Jakob Ammann) in USA sind eine1693 entstandene Abspaltung der Mennoniten, die durch Ablehnung moderner Technik, einem stark in der Landwirtschaft verwurzeltem Leben, altertümlicher Lebensweise und Kleidung in den Massenmedien bekannt geworden sind. Eine neotäuferische, von den Hutterern inspirierte Bewegung, ist auch die Bruderhofbewegung, die 1920 von den Eheleuten Eberhard und Emmy Arnold in Hessen gegründet wurde, ebenfalls kommunitär und in Gütergemeinschaft lebt und inzwischen weltweit verbreitet ist.
Da die Mennoniten keine einheitliche oder überregionale Kirchenorganisation kennen und wollen, weil sie die Autonomie der einzelnen Gemeinden betonen, gibt es viele Abspaltungen.Die evangelische Freikirche der Mennoniten, die selbstverständlich in der ACK (Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen) ökumenisch mitarbeitet und befürwortet, dass Frauen Pastorinnen werden dürfen, ist nicht zu verwechseln mit den Mennonitenbrüdergemeinden, die 1860 als konservative Abspaltung und Reformbewegung unter Einfluss des pietistischen Predigers Eduard Wüst in der Ukraine und Russland entstanden sind. Strengere Kirchenzucht, Immersionstaufe von erwachsenen Gläubigen (d.h. Taufe durch Untertauchen), konservativere Einstellungen in ethisch-moralischen Fragen, hinsichtlich des Familienbildes und der Stellung der Frau waren/sind prägend. Während es laut Aussagen der Mennonitischen Weltkonferenz weltweit etwa 2,1 Mio. Mennoniten gibt, haben die verschiedenen Mennonitenbrüdergemeinden etwa 300 000 Mitglieder.